Freitag, 27. Februar 2015

Liebliches Liepāja


Liepāja begrüßt mich mit Ruhe, endlosen Stränden und wenigen Menschen.
Die Stadt ist sicher kein Partyhotspot oder Kulurhochburg aber das will ich gerade auch nicht. Ich genieße einfach die Stille und stundenlange Strandspaziergänge an der rauen Ostsee.


Durch die aufgewühlte See liegt so einiges am Strand und wenn man seinen Blick nicht an den endlosen Horizont richtet sondern auf den Sand findet man neben Muscheln, Stöcken und Federn sogar Knochen, ich vermute von einer Möwe. Eine weitere Möglichkeit die Minuten verstreichen zu lassen, ist es den Wind dabei zu beobachten wie er den Sand zu kleinen Dünen über den Boden weht. Als wäre man ein Riese in der Sahara und beobachtet den Lauf der Dinge im Zeitraffer.
Am Strand ist auch eine kleine Bar, diese hat Hinweisschilder für einige weltweite Ziele aufgestellt. Ja, hier in der Stille kann man gut von fernen Städten und Abenteuern träumen.


Sonst scheint Liepāja fast schon ausgestorben, in den Straßen sind kaum Menschen nur viele Holzhäuser die teilweise mit viel Liebe zum Detail gestrichen sind und die Gärten darum fein säuberlich gepeflegt. Hier scheint einfach jeder in seiner kleinen privaten, perfekten Seifenblase zu existieren ohne sich viel um die Welt da draußen zu kümmern. Das kann ich mir sehr gut vorstellen auch zu tun, doch dafür müsste man ein größeres Budget aufbringen.


Liepāja scheint darüber hinaus um Touristen bemüht und will sich anscheinend von seiner besten Seite präsentieren, denn es gibt einige sehr große Liebesbekundungen zur Stadt an sich Selbst in den Straßen und am Strand.


Liebstes Liepāja,
es waren nur drei kurze Tage für uns,
doch wir wussten doch beide es ist nicht für immer.
Lebwohl,
ich muss gehen,
ich vernehme Litauen rufen.

03 Tage | 02 Nächte || 12|06|2014 - 14|06|2014

Mittwoch, 25. Februar 2015

Rīga Rundgang

Rīga ist Hauptstadt Lettlands, der größte Ballungsraum des gesamten Baltikums und UNESCO-Weltkulturerbe -Träger für die unzähligen Jugenstilhäuser und die erhaltene historisch Altstadt. So liest es sich in Reisebroschüren und das ist an sich ja sicher genug Grund, sich die Stadt etwas genauer anzushen. Doch wie immer entdecke ich ein paar Sachen die fast noch lohnenswerter sind.
Aber von Anfang an:


mein Hostel ist nicht weit vom (Bus)Bahnhof und genau zwischen Alt- und Neustadt in betser Lage. Ich komme abends an und beziehe mein neues Bett und lerne die anderen Gäste kennen und mehr auch nicht. Die nächsten Tage nutze ich zur Stadterkundung auf eigene Faust und unter Anleitung. Denn in Rīga gibt es gleich mehrere kostenlose geführte Touren, das muss ich natürlich ausprobieren.

Brīvības piemineklis - Freiheitsmonument
Die drei Brüder

Auf den langen Fußmärschen erkunde ich die Altstadt mit ihren vielen historischen Gebäuden, Kopfsteinpflaster und teilweise engen Gassen, die Neustadt mit vielen Jugenstilgebäuden in und um die Elizabetes iela und Alberta iela und die Maskavas forštate - was soviel wie Moskauer Vorstadt bedeutet, denn die Hauptstraße hier führt direkt dahin - mit Holzhäusern und "Stalins Geburtstagstorte".

Kirche komplett kus Kolz
Zinātņu akadēmijas augstceltne
Hochhaus der Wissenschaftsakademie | "Stalins Geburtstagstorte"

Im letzt genannten Stadtteil findet sich auch der Zentralmarkt, nur 10 Minuten von meinem Hostel entfernt und ganz klar einer meiner Lieblingsorte in Rīga. Dazu später mehr.


Die vielen Jugendstilfassaden in der Neustadt führen dazu, dass man konstant nach oben schaut und teilweise zur Verkehrsgefährdung wird. Auch innen sind diese Häuser ein Augenschmaus, besonders wenn man in einem Jugenstilhaus aufgewachsen ist.

Jugendstil in der Altstadt
in der Neustadt
von außen
und innen

An einem der ersten Tage in der Stadt schaue ich mir die Austellung von Vija Clemins an, und ich bin selten von moderner Kunst berührt, doch dieses Werk ist sehr beeindruckend.

kleine Kunstinstallation in der Stadt

Meine Touren und Spaziergänge bringen wie immer auch Kuriouses zum Vorschein. So werde ich in der Geburtskathedrale von einem Mann sehr barsch aufgefordert meine Beine nicht zu überschlagen. Nach mühreicher Recherche finde ich heraus, das komunistische Spitzel zu Sowjetzeiten meist mit auf dem Rücken gekreuzten Händen am Gottesdienst teilnahmen und aus diesem Grund überkreuzte Extremitäten in orthodoxen Kirchen des ehemaligen Ostblocks schlechte Erinnerungen hervorrufen und vermieden werden sollten. So viel ungeahntes Wissen.

Kristus Piedzimšanas pareizticīgo katedrāle oder Geburtskathedrale

In einem Park finde ich nicht nur eine Brücke à la Pont des Arts sondern auch einen Baum, der mit bunten Bändern geschmückt ist. Darauf scheinen Wünsche und Träume notiert, die jetzt im Wind flüstern.


Auf dem Platz neben der Geburtskathedale findet ein kleines Festival satt bei dem das Reiseland Thailand vorgestellt wird - so wird aus Zufällen der Glaube an Schicksal, oder?! Darauf esse ich eine Tom Yum Suppe in der Nähe des Schwarzhäupterhauses, was gleichzeitig als Rathaus dient.

Melngalvju nams - Schwarzhäupterhaus

An einem meiner Abende gehe ich in die Oper, denn die soll hier sehr lohnernswert sein und die Tickets sind ein Schnäppchen. Ich sehe "Die Hochzeit des Figaro" oder "Le nozze di Figaro" wie der Originaltitel lautet und viele schicke Menschen. In Rīga gibt es zum italienischen Gesang lettische und englische Untertitel, so weiß jeder was gerade passiert. Ich dachte nie, das mich die Oper begeistern könnte, doch Gräfin Almaviva und "E Susanna non vien! Dove sono i bei momenti" fesselt meine Aufmerksamkeit bis zur Gänsehaut.


Nun wie versprochen nochmal zum Thema Zentralmarkt. Dieser befindet sich in und um die fünf Hallen die ursprünglich als Luftschiffhallen dienten. Und hier gibt es alles was das Herz begehrt, thematisch aufgeteilt in die verschiedenene Hallen: Fleisch, Fisch, Milch, Backwaren, Obst, Gemüse, Blumen, Kleidung. Ich kaufe mir kilogrammweise Erdbeeren, wobei ich die Wahl zwischen 30 erschiedenen Anbietern habe. Herrlich! Und ich schaue mir das bunte Treiben natürlich nur zu gerne an. Essen und viele Farben und Gerüche - ich glaube Märkte sind meine Lieblingsattraktion!


An einem meiner letzten Tage in Rīga laufe ich Richtung Hafen und finde dort einige großartige Graffitis, aufstrebende Szenerestaurants und eine Schaukel zwischen zwei Bäumen mit bester Sicht auf dem Hafen. Auf der verbringe ich die nächsten Stunden.


Nach einer Woche in Rīga habe ich nicht nur viel gesehen sondern auch meine nächsten drei Stationen der Reise erfolgreich geplant, also kann es weiter gehen, nach Liepāja.

07 Tage | 06 Nächte || 06|06|2014 - 12|06|2014

Montag, 23. Februar 2015

Pause in Pärnu

Auf meinem Weg nach Rīga mache ich Pause in Pärnu. Am Busbahnhof kann ich mein Gepäck sicher verstauen lassen und dann durch die Stadt schlendern. Das Seebad ist etwas verschlafen und dadurch sehr entspannt.

der glückliche Seejungmann

Ich laufe etwas durch die kleinen Straßen und mache mich schließlich auf Richtung Meer. Es ist ein sonniger Tag und an der Promenade treffen sich die älteren Männer. Sie komme mit dem Fahrrad, ziehen ihre T-Shirts aus und setzetn sich auf eine der Bänke. Dort perfektonieren sie dann ihren Teint - diese typische Bräune die nur ältere Männer vorweisen können, die tagelang in der Sonne sitzen und über die Welt philosophieren oder im Garten arbeiten.
Ich nutze die Gelegenheit um meinen Sonnendefizit der letzten Tage auszugleichen und mache natürlich auch einen kleinen Spaziergang am Strand. Die Ostsee begrüßt mich auch hier in Estland mit ihrem typischen Geruch - ein Versprechen von faulen Sommertagen am Stand, mit Kecksen und Klecksburgen. Es ist kein türkisblaues Meer hinter schneeweißem Sand aber es fühlt sich nach Zuhause an.

breiter, endloser Strand
mit Baywatchturm
und Elefantenrutsche
das beste von drei Kontinenten

Ich krame mein Buch raus und lese neben den beiden Opis auf einer der Bank an der Promenade bis ich Hunger bekomme. Dann geht an den vielen Holzhäusern zurück.

sehr viel Pink und Türkis aber gutes Essen

Ich finde ein Cafe und esse noch eine Kleinigkeit und gehe dann zurück zum Busbahnhof. Nicht ohne unterwegs zufällig das Insitut für Psycholgie zu finden. Ein kleines Holzhaus, mit einer dicken Katze, welche die Eingangtür bewacht. Ich kann mir sehr gut vorstellen wie man innendrin Pfeife raucht und Kaffe aus Sammeltassen trinkt, bevor man die neusten Ergebnisse der Verhaltensforschung zum Thema Stressreaktionen diskutiert.


Ich kaufe mir noch etwas Reiseproviant und hole mein Gepäck ab und nehme schließlich den nächsten Bus nach Lettland.

01 Tage || 06|06|2014

Freitag, 20. Februar 2015

Tagelang im Teeturm in Tallinn

Tallinn begrüßt mich wie Helsinki mich verabschiedet hat, mit viel Wind, Regen und grauen Wolken.
Ich beschließe die Zeit zu nutzen und mich nach vielen Wochen mal wieder dem Blog zu widmen, und arbeite fleißig. Doch das Wetter lässt nicht nach, ich muss mehr Geduld aufbringen als gedacht um ein paar schöne Tage abzupassen.

die Türme mit rotem Dach gehören zur Stadmauer
Pikk Hermann

Das bringt einen Hostelwechsel mit sich und eine kleine Winterdepression mitten im Sommer. Mein Körper scheint die viele Sonne und Wärme Kambodschas und Thailands auch zu vermissen. Aber alles hat auch sein gutes, ich trinke viel Tee, denn dafür sind jetzt erstmals wieder die Temperaturen und bei Taro und Egle im Hostel ist es perfekt um dem Teetrinken, lesen und schreiben zu fröhnen. Dafür gibt es hier auch den perfekten Platz im Fenster, von wo aus man auf die vielen Touristen und ihren Marsch durch die Altstadt schauen kann.

unter dem Schornstein am unteren Bildrand ist mein Fensterplatz
mit Tee, Buch und Aussicht auf die Straßen der Altstadt

Diese Tour mache ich natürlich auch mit, geführt und auf eigene Faust. Tallinns Stadtmauer und mittelalterliches Flair bestimmten die Altstadt und zieht Touristenmassen - vor allem nordamerikanisch und asiatische - an.

Alexander-Newski-Kathedrale
eins der Stadttore
die "drei Schwestern"
es ist aber auch pittoreske

Ich gebe zu es ist nett, doch kalt. Also entscheide ich mich für Indoor Aktivitäten wie den wahrscheinlich größten Pfannkuchen meines Lebens und Tee zum verdauen.
Das Warten zahlt sich schließlich aus und es rutscht immer mal wieder ein Sonnentag zwischen die Wolkenemassen.


Einen dieser Tage nutze ich um nach Kalamaja zu gehen und mir das Patarai Gefängnis anzusehe. Es wird als depremierende Erinnerung an die Sowjetherschaft beschrieben und das ist es auch, aber irgendwie auch faszinierend. Denn es scheint, als wären damals einfach alle gegangen, hätten alles stehen und liegen gelassen, wollten einfach nur weg. So sind die Räume noch voller Möbel im typischen Sowjetäradesign, die Wände teilweise mit bunten Werbebildern tapiziert- Träume von einer bunten Welt, voller lächelnder, vollbusiger Frauen. Der Operationssaal ist zwar veraltet, doch scheinbar ist nur eine Grundreinigung notwendig um die Arbeit wieder aufnehmen zu können.


Ja, und die Zellen. Die sind wirklich gruslig. Die Fenster soweit zugemauert, dass möglichst wenig Licht herein kommt, die Betten dicht an dicht und die Decken alte Lumpen. Teilweise sind die Wände von den Häftlingen bemalt, mit Lenin samt Teufelshörnern oder Phantasien von edlen Rittern und treuen Pferden. Am Ende eines Ganges finde ich die Bibliothek, es richt nach Holz und vergilbeten Seiten der Bücher, die teilweise noch in den Regalen warten. Ein seltsamer Ort - abstoßend anziehend.


Im Hostel habe ich inzwischen Beth kennen gelernt. Eine Amerikanerin, die in Polen Politik und Russische Kultur studiert - weiter vom Stereotyp kann man nur schwer entfernt sein. Mit ihr teile ich lustig Geschichten, ein hervorragendes Essen bei Till ja Kummel, viel Tee und Blogadressen.

auf dem russichen Markt

Zwischendurch stehen kurze Touren durch die Stadt an. Unter anderem zum russichen Markt, dort gibt es alles was amn sich vorstellen kann und darüber hinuas, beispielsweise nur linke Schuhe, falls man zufällig den passenden rechten zu Hause hat. Wie oft mir das passiert!

wunderschön
und unglaublich detailreich

An meinem letzten Tag mache ich einen Ausflug in den Lahemaa Rahvus(National)park. Dafür habe ich tagelang die Wettervorhersage studiert, und wie sich zeigt, hat es sich gelohnt, es ist sonnig und das Hochmoor unglaublich schön!

wenn man möchte, kann man hier auch baden gehen

Nach einer Wanderung durch und über das Moor und zwischen den Urkiefern, die zwar klein aber wahnsinnig alt sind, fahren wir noch zu einem alten Gutshaus und der ehemals streng geheimen sowjetischen U-Boot Station. So geheim, das die Gegend zu Sowjetzeiten auf keine Karte verzeichnet war.

am Horizont der Finnische Meerbusen
(ja, darüber hat man in der Schule immer gelacht)

Trotz Regen und grauen Wolken bringen mich Lahemaa und Patarai zu der Einsicht, dass es auch in Europa genügend Abeneur gibt, die nur auf mich warten. Und auch wenn ich meine Zeit sehr einfach hier in Tallinn bei Taro und Egle verbummeln verbringen könnte - die hosteleigene Sauna spielt da sicher auch eine Rolle - fahre ich nach fast zwei Wochen dann doch weiter.

estischer Volkssport: Gruppenschaukeln


11 Tage | 10 Nächte || 27|05|2014 - 06|06|2014