Montag, 30. Juni 2014

Schlamm in schöner Schlichtheit Sa Pa

Das erste Mal nehme ich einen Zug in Vietnam und meine Erwartungen werden prompt gedämpft mit Gittern vor den Fenstern. Der Zug füllt sich recht schnell und ich bekomme wechselnde Sitznachbern. Eine Frau teilt ihre gerösteten Sonnenblumenkerne mit mir und will mir auch Kaffee oder Tee vom durch die Gänge geschobenen Kiosk kaufen, sowie ihren Reis mit mir teilen. Am Nachmittag bin ich endlich in Lào Cai, von dort trennt mich nur noch eine Busfahrt hoch in die Berge von meinem Ziel Sa Pa und damit ist ein weiterer sehr langer Reisetag beendet.

Rote Dao Frauen

Sa Pa ist für seine Reisterassen und die ethnische Minderheit der Hmong und Dao bekannt, welche in den Dörfern rund um Sa Pa leben. Diese sind wie alle Vietnamesen clevere Geschäftsmänner - oder besser -frauen - und wollen einem alles mögliche alle paar Meter verkaufen - Taschen, Gürtel, Armbänder, Ohrringe, Wanderausflüge. Tatsächlich bin ich zum wandern hier her gekommen, da gibt es nur mal wieder ein Problem: das Wetter. Hier oben in den Bergen ändert es sich schnell und so folgt auf einen sonnigen Tag eine Nacht mit Nebel und sehr kalten Temperaturen.

Sicht bei gutem Wetter

Ich buche trotzdem einen zweitägigen Wandertrip in eins der Dörfer mit einer Übernachtung bei einer der Hmong Familien und hoffe das Beste. Und es regnet. Den gesamten ersten Tag. Und es ist neblig. An allen "Aussichtspunkten" sehen wir lediglich Nebel und wenn wir Glück haben, können wir die Reisterassen und die Aussicht erahnen, im besten Fall. Sobald wir das Hotel in Sa Pa verlassen haben folgen uns zwei Frauen der schwarzen Hmong, die uns nicht ganz eigennützig begleiten.

Wegbegleiter am ersten Tag

Denn natürlich wollen sie uns, sobald wir in einem kleinen Ort angekommen sind in dem es Mittagessen gibt, ihre Waren verkaufen. Wie auch massenhaft kleiner Mädchen die dreckverschmiert und mit flehenden Stimmen uns Armbänder Made in China anbieten. Sie scharen sich um uns und flehen Minuten lang bis der psychologische Druck irgendwann zu groß wird und einer in der Gruppe ihnen Geld gibt. Ich sehe hier keinen einzigen Jungen, die sehe ich erst später beim Fußballspielen am anderen Ende des Dorfs.

sie leben! und so werden sie auch auf dem Motorrad transportiert

Wie laufen durch einige Dörfer und kommen an einer Schule vorbei (wo meiner Meinung nach auch die Mädchen sein sollten, die uns beim Essen versucht haben Armbänder zu verkaufen) und kommen schließlich in unserem Lager für die Nacht an. Ein Holzhaus, eine Matratze, eine Decke, ein Moskitonetz. Hier im Ort gibt es zu meiner sehr großen Überraschung ein Cafe. Dort wärmen wir uns auf und trinken Tee und Kakao, denn der Besitzer ist Niederländer. Er ist mit einer Vietnamesin verheiratet und so gibt es hier mitten im vietnamesischen Niergendwo Milch.

Stillleben mit Katze

Am Abend kocht unser Tourguide mit den beiden Männern des Hauses, denn wir sind in einem Junggesellenhaushalt gelandet, unser Abendessen an der offenen Feuerstelle. Wir passen auf und helfen aus beim Frühlingsrollen füllen und dann gibt es ein großes Festessen mit viel, viel Reiswein.

Rind, Schwein, Huhn, Tofu, Frühlingsrollen, Spinat und natürlich
Reis(wein)

Am nächsten Morgen hat der Regen aufgehört doch der Nebel ist weiter dicht und die Wege natürlich durchweicht. Auf uns warten schon mehrere Hmong Frauen am Tor und sie begleiten uns den ganzen Weg. Ich bin mehrfach auf ihre Hilfe angewiesen, denn teilweise sind die Wege nicht nur schlammig sondern auch unglaublich schmal und steil. Dafür fordern sie am Ende einen unverschämt hohen Betrag ein, und einige der Touristen geben allen ein Paradestück in "Wie ruiniere ich die Welt mit Geld" und geben bereitwillig ihre Banknoten her. So wird von der nächste Gruppe sicher noch mehr verlangt.

das letzte Stück des Abstiegs, bereits nicht mehr zu steil

Zurück in Sa Pa wärme ich mich am Kaminfeuer und lese eins meiner Bücher. Vor ein paar Wochen waren es noch 35 Grad im Schatten und jetzt sind es kühle 10 bis 15 mit dichtem, nassem Nebel. Trotzdem bleibe ich noch ein paar Tage hier und organisiere die Weiterreise, minimiere mein Gepäck und warte auf Sonntag. Denn an dem ist in Bắc Hà der größte Markt der Region.

Reisweinverkäuferin
getrockneter Fisch, Nudeln, Knoblauch, Erdnüsse

Dort kann man alles kaufen was man für ein Leben hier in den Bergen braucht: Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Wasserbüffel, Pferde, Reiswein und obendrein (leider auch) billige Souveniers.

Blumenhmong beim Bambuskauf
die Hunde sind für den Kochtopf bestimmt
zwischendurch ein Gläschen Reiswein und dann geht es weiter
Zuckerrohr, sehr beliebter Snack hier

Der Markt ist auch die beste Gelegneheit sich eine Frau zu organisieren, wenn man zu den Hmong gehört. Gefällt einem der Herren eine der jungen Frauen wird sie einfach kurzerhand entführt und in einem Raum des Hauses des Bräutigams/Freiheitsberaubers eingesperrt. Nach einigen Tagen bringt die Schwiegermutter ihr etwas zu Essen und akzeptiert sie es, ist das die Einwilligung in die Ehe.
Nett.


Nach dem Markt schauen wir uns noch eins der traditionellen Dörfer der Blumenhmong an und fahren danach nach Lào Cai und schauen über den Fluß nach China. Denn das ist hier nur ein paar Meter entfernt und es werden massenweise Kartons über die Brücke geschleppt, vielleicht sind dort die Armbänder drin, welche die Mädchen in den Dörfern verkaufen.

China ganz nah

Noch ein Tag in Sa Pa, an dem ich endlich auch wieder schönes Wetter und Sonnenschein habe. Ich nutze die Zeit um mich auf dem Markt satt zu sehen und zu essen und dann bin ich soweit weiter zu reisen und Vietnam zu verlassen.

Kräuterstand
unten links Bananenblüten
Orangen, Erdbeeren und keine Ahnung
Nudelsuppenfrau

Ich nehme einen Bus nach Điện Biên Phủ und von dort einen weiteren Bus nach Luang Prabang in Laos. Es wird die längste und verrückteste Busreise meines ganzen Trips!

08 Tage | 07 Nächte || 11|03|2014 - 18|03|2014

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